Sabine Huzikiewiz über Philipp Reuver‘s Arbeit:
Philipp Reuver ist nicht Zeichner oder Collagist - er zeichnet zur Zeit, collagiert mal, modelliert Bilder mit 3D Software. Er macht auch Musik, Videos, Skulpturen, Performances oder Rauminstallationen. Was akkumulativ oder gar gängig klingen mag, zeigt in der jeweiligen Umsetzung eine Präzision in jedem dieser Medien, dass man gewillt ist, Spuren eines, wenn auch gedehnten, Gesamtkunstwerkes zu erkennen. Das Medium wird jeweils sehr ernst genommen, Reuver sich selbst jedoch nicht: Taucht er als Person auf, ist das für die Arbeit notwendig. Es sind die Formen und Bilder, die zum Vorschein gebracht werden wollen und die sich der Wahrnehmung des Künstlers entgegenwerfen.
Das passiert heute, wirft aber bei seiner Arbeitsweise offenbar Fragen nach Bilder-Entstehung in der Vergangenheit auf - nicht im Sinne eines Rückgriffs, nicht im Sinne eines Re- oder Upcyclens: Es herrscht vielmehr gleichwertige Permeabilität des Papiers für gegenwärtige wie vergangene Darstellungen: amorphe und an Surrealismus erinnernde Zeichnungen kommen in dieser Ausstellung zusammen mit am Computer generierten Bildern, die auf gebrauchtes und Gebrauchs-Papier gedruckt werden: DHL-Aufkleber, formelle Schreiben. Die Formate sind dementsprechend bürokratisch, nämlich Din A4. Man kann sagen, die Fantasie eines Künstlers sowie Spuren und Formen unseres gegenwärtigen Alltags prallen aufeinander: einerseits rätselhafte Darstellungen, andererseits repetitive Anordnungen, die sich in Schichtungen zeigen wie auf dem Blatt mit dem Titel „DHL Packstation“ zu sehen ist. Auf ein Anleitungsformular der DHL wurden eine digital bearbeitete Zeichnung und anschließend ein computergeneriertes Bild gedruckt. In den anderen, ebenfalls aus 2023 stammenden Arbeiten wurden Drucktechnik und Tuschtechnik überlagert.